Der Neuanfang - Wiederaufbau und Neustrukturierung – 1945 bis 1972

1946 Besatzung des Hochschulstadions

Mit dem Ende des 2. Weltkrieges und der Besetzung Deutschlands durch die Alliierten wird (Hochschul-) sporttreiben in Darmstadt schwer. Das Hochschulstadion und das benachbarte Stadion des SV Darmstadt 98, die beide den Krieg unbeschadet überstanden haben, werden von amerikanischen Besatzungstruppen beschlagnahmt und besetzt.

Auflösung des Institut für Leibesübungen

Zusätzlich wird das 1931 gegründete IfL (Institut für Leibesübungen) durch die Allierten als NS­ Organisation eingestuft und aufgelöst. Söllinger wird als Direktor 1946 aufgrund seines „politischen Verhaltens“ durch die Militärregierung aus dem Beamtenverhältnis entlassen. In einer Spruchkammerverhandlung 1947 wird das Verfahren gegen ihn eingestellt, da „[…] die Kammer im Zuge der gründlichen Beweisaufnahme die Überzeugung gewinnen (konnte), dass Söllinger zu keiner Zeit des ehemaligen Reiches von dem Gedankengut des Nationalsozialismus auch nur im entferntesten erfüllt war …“. Eine Wiedereinstellung erfolgt jedoch nicht. Damit die Belange des Hochschulsports vertreten werden können, wird das Sportamt an der TH Darmstadt eingerichtet.

Mit der eingeführten Aufhebung der Sportpflicht soll die klare Abkehr von den Vorkriegsidealen der „politischen Leibeserziehung“ und der Instrumentalisierung des Sports als Wehrdienst symbolisiert werden. Die erfolgreiche Umsetzung dieses Paradigmenwechsels ist der Verdienst der Nachkriegsgeneration und der westlichen Besatzungsmächte. Nach mühseligem Wiederaufbau der durch die Bombenangriffe zerstörten Gebäude, u. a. der Otto-Berndt-Halle in der Innenstadt, kommt es im Januar 1946 zur Wiedereröffnung der THD.

Das Hochschulstadion wird besetzt und erhält den Namen „Yankee Stadium“.

Es wird für die eigenen sportlichen Aktivitäten der amerikanischen Besatzer wie z. B. Leichtathletik, Rodeo oder Football genutzt. Den Darmstädter Studenten ist der Besuch des Stadions nur an wenigen Tage erlaubt, der Besuch des Hochschulbades jeweils nur am Tag, bevor das Wasser gewechselt wird.

1948 Gründung der Arbeitsgemeinschaft deutscher Hochschulsportreferenten

Um das sportliche Interesse der Studierenden in Deutschland weiter voran zu treiben, treffen sich auch über Darmstadt hinaus studentische Vertreter der Hochschulen aus allen vier Besatzungszonen. So wird 1948 als Interessenverband die „Arbeitsgemeinschaft deutscher Hochschulsportreferenten“ gegründet, der sich zwei Jahre später, nach Gründung der BRD und der DDR in „Allgemeiner Deutscher Hochschulsportverband“ (adh) umbenennt. Der Verband steht unter der Leitung eines rein studentischen Vorstandes.

Und auch in Darmstadt nimmt der Hochschulsportbetrieb in den Sommermonaten 1950 wieder Fahrt auf. So wird das erste hochschuleigene Ruderboot (in der Vorkriegszeit existierten nur Faltboote) in Erfelden auf den Namen „Langer Ludwig“ getauft. Zu diesem Ereignis finden sich 40 aktive Ruderer der Studentenschaft, sowie zahlreiche Gäste im Darmstädter Schwimm- und Wassersportclub ein. Darmstädter Leichtathleten, Handballer und Fußballer nehmen im Juni erstmals nach dem Krieg an einem Vergleichswettkampf in Aachen gegen die Universitäten Köln, Bonn und die TH Aachen teil.

1950 Erstes Nachkriegshochschulsportfest

Im Juli findet das erste Nachkriegshochschulsportfest vor 4000 Zuschauern im Hochschulstadion statt, das hierfür von den Besatzern freigegeben wurde. Höhepunkte der Veranstaltung sind das Handballspiel der TH Darmstadt gegen den Schweizer Hochschulmeister A.S.V. Zürich, das Fußballspiel der Professoren gegen den AStA und das erstmalige Wiederauftreten studentischer Fechter. Nur fünf Tage später finden die ersten internen Leichtathletikmeisterschaften statt.

1951 Rückgabe des Hochschulstadions an die TH Darmstadt

Im Sommersemester 1951 erfolgt die Freigabe von Hochschulstadion und Sportplatz des SV Darmstadt 98, nachdem Studenten erneut protestierten, jedoch verwalten die amerikanischen Dienststellen weiterhin die Sportstätten. Auch nach der Freigabe gestaltet sich daher die Organisation von Veranstaltungen wie Fußball-Oberligaspielen oder der 1. Internen Leichtathletikmeisterschaften durch frühzeitig notwendige Anmeldungen schwierig.

Das zweite Hochschulsportfest nach dem Krieg findet am 8. und 9. Juli 1951 statt. Zahlreiche auswärtige Mannschaften, unter anderem die Handballmannschaft der Universität Zagreb, nehmen teil. Im Sommersemester 1951 wird das Endspiel um die Handballmeisterschaft der Verbindungen und die Finalspiele um die interne Hochschulmeisterschaft im Tennis, Tischtennis, Hockey, Fußball und Basketball im Hochschulstadion ausgetragen. Die Pausen zwischen den Wettkämpfen werden mit Reckturnen, Schaufechten und Fakultätsstaffeln gefüllt.

1951 Vergleichswettkämpfe zwischen US-Soldaten und Studenten der TH Darmstadt

Um den zuständigen amerikanischen Stellen zu zeigen, dass das Hochschulstadion auch gemeinsam von Studenten und Amerikanern genutzt werden kann, wird ein Vergleichskampf zwischen der Leichtathletik-Mannschaft der TH und der Mannschaft des amerikanischen 373. Inf. Bat. ausgetragen. Während die US-Soldaten in den Laufstrecken über einige gute Athleten verfügen, sind die TH-Studenten in den technischen Disziplinen überlegen und die TH gewinnt den Wettkampf.

1951/52 Wiederaufnahme der Skikurse im Waldemar-Petersen-Haus

Im Wintersemester 1951/52 finden auch wieder Skikurse am Waldemar-Petersen-Haus im Kleinwalsertal mit insgesamt 128 Teilnehmern statt. Bestandteil dieser Kurse ist eine gemeinsame Fahrt nach Oberstdorf zur Skiflugwoche.

1953 wird das Hochschulstadion komplett an die TH Darmstadt zurückgegeben. Es finden wieder Vergleichswettkämpfe und Freundschaftsbegegnungen zwischen deutschen und ausländischen Hochschulen und Hochschulmeisterschaften in verschiedenen Sportarten in Darmstadt statt. 1956 wird das Hochschulbad, bestehend aus Schwimmbecken, Umkleiden, Duschen und Nebenräumen um ein Saunagebäude ergänzt.

Von 1955-1958 ist der Leiter des Sportamtes Rolf Andresen, späterer Präsident des Deutschen Volleyball Verbandes. Er bekommt wegen seiner sportlichen Verdienste 1990 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Nach seinem Weggang 1958 ist das Sportamt ein Jahr lang ohne Leitung. Als Interimsleitung für wiederum ein Jahr führen der Leiter der Haushaltsabteilung Herr Ripper und Herr Walter Tröger, Geschäftsführer des adh, das Sportamt und die Belange des Hochschulsports, ehe Studienrat Helmut Mayer 1961 die Leitung des Sportamtes der TH Darmstadt übernimmt und die Grundlagen für die heutige Struktur des Sports an der TU Darmstadt mit dem Institut für Sportwissenschaft und dem Hochschulsportzentrum legt.

Zu diesem Zeitpunkt ist es noch ein „Zwei-Mann-Betrieb“, bestehend aus Meyer als Leiter mit dem Schwerpunkt Leichtathletik, und Sportlehrer László Lakvali mit dem Schwerpunkt Basketball. Meyer, später auch als „Leistungs-Meyer“ bekannt, will das Sportangebot in Darmstadt mit qualifiziertem Personal und hochwertigen Sportstätten verbessern. Es gelingt Meyer Hochschulleitung und Landesregierung von der Notwendigkeit des Baus einer Sporthalle zu überzeugen.

1964 Eröffnung der Hochschulsporthalle

Am 4. November 1964 wird schließlich die Hochschulsporthalle im Hochschulstadion eröffnet. Mit deren Bau ist die Hoffnung auf die Einführung der in Darmstadt gewünschten Sportlehrerausbildung verknüpft. In seiner Eröffnungsrede hebt Rektor Prof. Dr. Adolf Küntzel hervor, dass es sich nicht wie sonst bei der Einweihung von Gebäuden an der TH üblich um ein Forschungszentrum handele, sondern um ein Gebäude, dessen Zweck für alle Hochschulangehörigen und Studenten klar erkennbar sei und für alle einen Nutzen hat. Der Bau wurde durch das Land Hessen mit 3,5 Millionen Mark finanziert. Die Halle besitzt eine große Spielhalle (45 mal 28 m) und eine kleine Turnhalle (28 mal 15m) und an den Seiten durchgehend große Fenster aus Sicherheitsglas. Zu diesem Zeitpunkt ist es die größte und modernste Sporthalle in Darmstadt.

Um den Hochschulsport personell aufzustocken, nimmt Meyer auf einer adh-Vollversammlung Kontakt mit dem Karlsruher Sportreferenten und Studenten (Sport, Politik und Geschichte) Günter Eglin auf, der zu diesem Zeitpunkt auch studentischer adh-Präsident ist. Eglin wird 1964 als Noch-Student hauptamtlicher Mitarbeiter im Sportamt und ist für die Sportarten Fußball, Handball und Volleyball verantwortlich. 1965 kommt Heiner Henze als Hilfskraft hinzu.

Die hessische Landesregierung führt ein Jahr später tatsächlich das Studienfach Leibeserziehung für das höhere Lehramt an Gymnasien ein.

1966 Neugründung des Instituts für Leibesübungen

Die Durchführung des Studiums wird dem 1966 erneut gegründeten Institut für Leibesübungen der TH Darmstadt übertragen, dessen Direktor Studienrat Helmut Meyer wird. Das bisherige Sportamt wird mit Beginn des Sommersemesters aufgelöst. Meyer zieht mit seinen drei Assistenten Ulrich Willner, Laszlo Lakfalvi und Günter Eglin sowie dem Sportreferenten Werner Heß und zwei Bürokräften in die Alexanderstrasse 25.

In diesen Jahren gibt der Hochschulsport für den Breitensport viele Impulse und leistet Entwicklungsarbeit für die heutigen Vereine. Vor allem im Wettkampftraining in den Sportarten Schwimmen, Hockey, Volleyball und (Feld-)Handball ist die TH Darmstadt Vorreiter und kann auf sich mit studentischen Leistungssportlern wie Hans­Joachim (“Little“) Klein schmücken, dem späteren Präsidenten der Deutschen Olympischen Gesellschaft (2001-2007), der 1959 bis 1965 zahlreiche Deutsche Meisterschaften gewann, mehrere Weltrekorde aufstellte und 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio drei Silbermedaillen (4x100m Lagen und Freistil, 4x200 m Freistil) und eine Bronzemedaille (100 m Freistil) gewann. Außerdem wird an der TH die erste Damenvolleyballmannschaft aufgebaut, die Günter Eglin betreut.

1966 Einführung des Sportlehrerstudiums an der TH Darmstadt

Im Sommersemester 1966 nehmen die ersten Sportstudierenden der TH Darmstadt ihr Studium auf. Der theoretische Teil der gymnasialen Sportlehrerausbildung umfasst die Geschichte der Leibesübungen, Übungsstättenbau und Gerätekunde, spezielle Methoden, Grundfragen der Bewegungslehre und eine biologisch-medizinische Einführung in das Studium. Er wird im Lauf der Zeit um eine ganze Reihe sportdidaktischer, sportpsychologischer, sportmedizinischer und sportsoziologischer Fächer erweitert. Durch den hohen theoretischen Anteil wird der Ausbau des Faches Sport auf eine wissenschaftliche Basis gestellt. Ende der 60er Jahre werden die studentischen Weltmeisterschaften im Handball an den Spielorten Aachen, Berlin und Darmstadt ausgetragen.

Im Laufe der Zeit ändert sich das Ansehen des Hochschulsports. Immer mehr Menschen werden sportlich aktiv und die Bedeutung von Spiel, Sport und Gymnastik im Sinne der Gesundheitsförderung und als Freizeitfüller nimmt zu, Medien und Wirtschaft entdecken seine ökonomischen und medialen Möglichkeiten.

Mit der politischen Bereitschaft zur Bereitstellung von Mitteln für eine Förderung der Sportwissenschaften sind die Voraussetzungen für deren Entwicklung an deutschen Universitäten geschaffen. Die Sportwissenschaft strebt zu dieser Zeit nach Gleichberechtigung im Kanon der anderen Wissenschaften und verfolgt daher mit Nachdruck die strenge Trennung zwischen Sportwissenschaft und Hochschulsport. In dieser Phase wird Prof. Dr. Klaus Willimczik 1971 Professor und Leiter des sportwissenschaftlichen Bereichs, Meyer wechselt 1968 als Direktor zum Bundesauschuss für den Leistungssport (BAL) nach Frankfurt. Für die Sportwissenschaft sind neben Prof. Willimczik u.a. zuständig: Prof. Dr. Singer, Prof. Dr. Steinbach, Dr. Riebel und Dr. Hartmann.